Die Rolle der Prüfung in der CLP-Verordnung

Zum Zwecke der Einstufung und Kennzeichnung sind Hersteller, Importeure und nachgeschaltete Anwender von Stoffen oder Gemischen verpflichtet, sämtliche vorliegenden verfügbaren Informationen über die gefährlichen Eigenschaften eines Stoffes oder Gemischs zusammenzutragen und zu beurteilen.

Liegen keine Daten vor, sind ökotoxikologische und toxikologische Prüfungen durchzuführen, welche die Anforderungen gemäß REACH-Verordnung, der OECD-Grundsätze der Guten Laborpraxis (GLP) und anderer international anerkannter, nach internationalen Verfahren validierter Methoden erfüllen, um zu gewährleisten, dass die Daten qualitativ hochwertig und belastbar sind.

Bei Durchführung tierexperimenteller Studien sind die Anforderungen zum Schutz von Versuchstieren (Richtlinie 2010/63/EU) zu erfüllen.

Alternative Methoden zu Tierversuchen

Es wurde eine Reihe alternativer Methoden entwickelt, um die Verwendung von Tieren durch tierfreie Systeme zu ersetzen, die Versuchstierzahl zu reduzieren und Verfahren weiter zu entwickeln, um Schmerzen bzw. Belastungen für die Versuchstiere zu verringern (3R-Prinzip, im Deutschen auch 3V-Prinzip).

Die ECHA, Interessengruppen und zahlreiche andere Aufsichtsbehörden unterstützen das 3V-Prinzip. Richtlinie 2010/63/EU zum Schutz der für wissenschaftliche Zwecke verwendeten Tiere verweist explizit auf das 3V-Prinzip.

Alternative Ansätze können auch auf chemische Eigenschaften, (Q)SAR-Vorhersagen und -Modelle sowie In-vitro-Tests an Zellen oder Geweben unter Verwendung derzeitiger oder neuer Technologien, u. a. der Genom- und Proteomforschung, zurückgreifen. Des Weiteren lassen sich die toxikologischen Eigenschaften von Stoffen unter Heranziehung von Analoga-Versuchsdaten vorhersagen. Hierzu dient das Analogiekonzept, oder für eine Gruppe von Stoffen das „Kategorie“-Konzept. Zur Stützung dieser Vorhersagen sind ausreichende Informationen und eine angemessene Begründung vorzulegen.

Die ECHA fördert alternative Ansätze zu Tierversuchen, welche die behördlichen Anforderungen durch Beurteilung der Gefahren von Stoffen für die menschliche Gesundheit und die Umwelt bei gleichzeitiger Vermeidung unnötiger Tierversuche erfüllen. 

Prüfung auf Gefahren für die menschliche Gesundheit und Umweltgefahren

Das CLP-Verfahren erfordert normalerweise zum Zwecke der Einstufung und Kennzeichnung keine erneute Prüfung der Gesundheits- und Umweltgefahren von Stoffen oder Gemischen.

Nur wenn alle anderen Verfahren zur Informationsbeschaffung ausgeschöpft wurden und keine Daten entsprechender Belastbarkeit und Qualität verfügbar sind, dürfen Versuche als Mittel zur Gewinnung neuer Information in Übereinstimmung mit den in Artikel 13 Absatz 3 der REACH-Verordnung aufgeführten Testverfahren durchgeführt werden. Prüfungen an Menschen und nicht menschlichen Primaten sind untersagt.

Unter anderem folgende Informationen sind vor Erwägung von In-vivo-Versuchen zu prüfen:

  • Versuchsdaten,
  • inwieweit diese in Übereinstimmung mit den GLP-Grundsätzen durchgeführt wurden,
  • historische Humandaten,
  • (Q)SARs,
  • durch In-vitro-Verfahren gewonnene Daten sowie
  • die Verwendung relevanter Informationen über analoge Stoffe oder Gemische zur Vorhersage gefährlicher Eigenschaften für die überprüften „Ziel“-Stoffe oder -Gemische (Analogiekonzept).

In Bezug auf Gefahren für die menschliche Gesundheit können derzeit weder In- vitro-Tests noch Q(SAR)-Vorhersagen toxikologische Prüfungen vollständig ersetzen, die zur Bestimmung der gesundheitlichen Auswirkungen chemischer Stoffe für eine Reihe von Endpunkten, u. a. die Langzeit-Exposition oder die Exposition über mehrere Generationen, durchgeführt werden.

Es sind Daten für die einschlägigen Expositionswege (oral, dermal und Inhalation) sowie für diejenigen Aggregatzustände zu erheben, in denen der Stoff in Verkehr gebracht und aller Voraussicht nach verwendet wird.

Für den Fall, dass die verfügbaren Daten nur unterstützend, widersprüchlich oder mehrdeutig sind oder nicht ohne Weiteres mit den CLP-Kriterien abgeglichen werden können, ist ein Ansatz der Beweiskraft der Daten (weight-of-evidence approach) unter Beurteilung durch Experten zu verfolgen. Einschlägige Daten aus anderen Quellen (z. B. wissenschaftlich valide klinische oder epidemiologische Fallstudien) können für die Einstufung und Kennzeichnung herangezogen werden.

In Bezug auf Umweltgefahren sollten sich die für die Einstufung verwendeten Daten (akute und chronische aquatische Toxizität) grundsätzlich auf die Bestimmung von Toxizitätsendpunkten bei aquatischen Organismen dreier verschiedener trophischer Ebenen unter Verwendung hoch standardisierter Testprotokolle stützen. Fische, Krebstiere und Algen (oder andere Pflanzen) stehen hierbei stellvertretend für ein breites Spektrum an Arten und Taxa innerhalb jeder trophischen Ebene. Informationen über den Verbleib von Stoffen oder Gemischen in der Umwelt (Abbau und Bioakkumulation) dienen in Kombination mit Toxizitätsdaten zur Bestimmung der chronischen Toxizität und von M-Faktoren. 

Prüfung auf physikalische Gefahren

In Bezug auf physikalische Gefahren ist der Hersteller, Importeur oder nachgeschaltete Anwender eines Stoffes oder Gemischs verpflichtet, neue Daten zu erheben, sofern nicht bereits adäquate und belastbare Informationen vorliegen.

Bereits vorliegende Daten zur Bestimmung physikalischer Gefahren sind im Hinblick auf ihre Eignung und die Qualität der verwendeten Prüfungen zu bewerten.

Neue Tests sind gemäß eines anerkannten Qualitätssystems (z. B. EN ISO/IEC 17025) oder durch akkreditierte Laboratorien durchzuführen und sollten auf den in Anhang I Teil 2 der CLP-Verordnung genannten Verfahren bzw. Standards basieren.

Die Prüfungen sind mit dem entsprechenden Aggregatzustand und der Form durchzuführen, in der der Stoff bzw. das Gemisch in Verkehr gebracht wird. Soll ein bestimmter chemischer Stoff, etwa zu Bereitstellungs- oder Transportzwecken, in einem anderen Aggregatzustand als dem getesteten vorliegen, der aller Voraussicht nach dessen Verhalten in einer Einstufungsprüfung wesentlich verändern würde, ist der Stoff außerdem auch in der neuen Form zu prüfen.

Parameter wie Konzentration, Form, Partikelgröße, Dichte, usw. können also das Prüfungsergebnis beeinflussen und sind somit zu melden.